Wenn Nähe schmerzt. Bindungstrauma verstehen

Ein Bindungstrauma entsteht durch wiederholte, anhaltende oder schwere Störungen in der frühen Beziehung zwischen einem Kind und seinen wichtigsten Bezugspersonen, meist den Eltern. Diese Beziehung ist entscheidend für die Entwicklung von Sicherheit, Vertrauen und emotionaler Regulation. Wenn diese Bindung nicht sicher aufgebaut werden kann, fühlt sich das Kind oft verunsichert, verlassen oder nicht geschützt. Typische Ursachen für Bindungstrauma sind z. B. emotionale Vernachlässigung, Ablehnung, Inkonsistenz im Verhalten der Bezugspersonen oder auch Missbrauch. Das Kind erlebt so eine fundamentale Unsicherheit, die sich tief ins Nervensystem einprägt.

Bindungstrauma und Trauma

Bindungstrauma ist eine spezielle Form von Trauma, die sich vor allem auf die frühe Beziehung und die emotionale Sicherheit bezieht. Während andere Traumata oft durch einzelne Ereignisse wie Unfälle oder Gewalt entstehen, sind Bindungstraumata häufig chronisch und prägen das Kind in seinen grundlegendsten Bedürfnissen nach Nähe und Schutz.

Diese frühe Verletzung wirkt sich nicht nur auf das emotionale Erleben aus, sondern beeinflusst auch die körperliche Regulation, Stressverarbeitung und spätere Beziehungsfähigkeit. Menschen mit Bindungstrauma erleben oft Probleme mit Vertrauen, Selbstwert und Kontrolle über ihre Gefühle. Wie hilft Traumatherapie bei Bindungstrauma?

Traumatherapie unterstützt Menschen mit Bindungstrauma auf mehreren Ebenen:

  1. Sicherheit herstellen:
    Zunächst wird ein sicherer, vertrauensvoller Raum geschaffen, in dem sich die Betroffenen geschützt fühlen können. Dies ist entscheidend, da fehlende Sicherheit das Hauptproblem des Bindungstraumas ist.

  2. Verstehen und Erkennen:
    Die Therapie hilft dabei, die eigenen Gefühle, Reaktionen und Bindungsmuster zu erkennen. Warum fällt es schwer, Nähe zuzulassen? Warum entstehen Ängste vor Verlust oder Verlassenwerden?

  3. Neu erleben und Regulieren:
    Durch gezielte Methoden lernen Betroffene, ihre Emotionen besser zu regulieren und alte, schmerzhafte Beziehungserfahrungen neu zu verarbeiten. Das kann durch Gespräche, Körperarbeit, Imaginationsübungen oder kreative Ansätze geschehen.

  4. Neue Bindungserfahrungen sammeln:
    Die therapeutische Beziehung selbst wird oft als sichere Bindung erlebt. Diese positive Erfahrung kann heilend wirken und helfen, Vertrauen und Bindungsfähigkeit Schritt für Schritt wieder aufzubauen.

  5. Selbstfürsorge und Selbstschutz entwickeln:
    Traumatherapie fördert die Fähigkeit, eigene Grenzen zu setzen, sich selbst zu schützen und gesunde Beziehungen einzugehen.

Bindungstrauma betrifft die tiefsten Wurzeln unserer emotionalen Sicherheit. Traumatherapie kann helfen, diesen Schmerz anzunehmen, zu verstehen und langsam zu heilen, um mehr Vertrauen, Stabilität und Selbstwert zu gewinnen. Es ist ein Prozess, der Geduld und Mitgefühl erfordert, aber sehr wirkungsvoll sein kann.

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